EU-Recht

Die EU-Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU) sieht die Ermittlung, Feststellung (Art. 22 I) und Versorgung (Art. 19 II) besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge vor. Die Gruppen besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge werden beispielhaft in Art. 21 genannt als „Personen wie Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Menschen mit körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen, ältere Menschen, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfer des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Personen mit psychischen Erkrankungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wie z.B. Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien.“ Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend und kann z.B. LGBTIQ-Personen und andere vergleichbar schutzbedürftige Personen umfassen.

Bis 2015 hätte die Richtlinie (RL) in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die Bundesregierung hat die RL jedoch nicht ins Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) aufgenommen. Deshalb ist sie nunmehr unmittelbar anzuwenden. Die Art. 19, 21 und 22 der RL enthalten dafür ausreichend bestimmte Regelungen.

Außerdem muss das nationale Recht da, wo es Spielräume enthält, europarechtsfreundlich, d. h. den Bestimmungen der Richtlinie entsprechend, ausgelegt werden.
Für eine europarechtskonforme Auslegung des AsylbLG ist der § 6 I von Bedeutung. Dessen erster Halbsatz bestimmt, dass „sonstige Leistungen gewährt werden können“.

Art. 19 II RL sieht für Asylsuchende Rechtsansprüche auf die erforderlichen medizinischen und sonstigen Leistungen vor. In Anwendung dieser Bestimmungen wandeln sich die in § 6 I AsylbLG normierten Ermessensleistungen in Rechtsansprüche.